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29.03.23

Wer isst die meisten Köttbullar?

Im September 2022 fand unsere erste Reise im Rahmen des „Erasmus +“-Programms statt: Es ging nach Stockholm! Eine der Reisenden war Yvonne, Fachkraft in der Kita Himmelsstürmer. Sie hat sich nach der Reise bereit erklärt, von ihrer Erfahrung zu berichten und hat im Interview mit Caro viele spannende Einblicke gegeben.

Das Ziel der Reise war der qualitative Austausch zum System der frühen Bildung über die Grenzen von Institutionen und Ländern hinaus. Der Lernaufenthalt wurde gemeinsam mit dem Kooperationspartner ATVEXA Skandinavien organisiert. Durch Besuche und Austauschformate mit schwedischen Fachkräften in Kitas, Vorschulen und Schulen bekamen die Teilnehmenden einen Einblick in das skandinavischen Bildungssystems und hatten zahlreiche Möglichkeiten sowohl die Praxis als auch die strukturellen Rahmenbedingungen kennenzulernen. Darüber hinaus fand ein Austausch mit der Vorsitzenden des Bildungsausschusses Gunilla Svantorp im schwedischen Reichstag statt.

Die Reisegruppe bestand aus Trägern, Einrichtungsleitungen, Qualitätsbeauftragten und Personalverantwortlichen aus unseren Mitglieds-Kitas oder GBS-Standorten sowie aus Verantwortungsträger:innen der Fachbehörde und des Verbandes.

Caro:

Hallo Yvonne, Danke, dass du dir die Zeit nimmst! Wie bist du dazu gekommen auf die Erasmus-Reise von Kindermitte mitzufahren?

Yvonne:

Ich habe meine Ausbildung erst vorletztes Jahr beendet. Meine Leitung wusste, dass die von der Schule geplante Erasmus-Reise, auf die wir uns alle sehr gefreut hatten, auf Grund von Corona abgesagt wurde. Deshalb kam meine Kita-Leitung direkt auf mich zu, als sie von der Reise nach Stockholm erfuhr und natürlich stimmte ich sofort zu.

Caro:

Yvonne, kannst du vielleicht einen groben Überblick geben, welche Einblicke du in Schweden gewinnen konntest?

Yvonne:

Das Organisationsteam von Kindermitte hatte da verschiedene Optionen zur Verfügung gestellt, damit es für die unterschiedlichen Interessensbereiche Wahlmöglichkeiten gibt. Dementsprechend hatte ich mir etwas rausgesucht, was mir in meinen Kita-Alltag besonders zugutekommen könnte und woran ich Interesse hatte.
Ich habe vier verschiedene Einrichtungen besucht. Zum einen war ich in einer Kita, die sich auf Nachhaltigkeit spezialisiert hat und beispielsweise keinen Müll durch Essen produziert. Das fand ich total spannend, weil wir hier bei uns in der Kita einen eigenen Koch und eine eigene Küche haben. Als ich wieder da war, habe ich ihm erzählt, wie das dort umgesetzt wird und welche Ideen wir vielleicht noch umsetzen können. Außerdem habe ich davon auch viel für mich mit in die Gruppe genommen. Dort, in Schweden, sind die Fachkräfte ständig mit den Kindern im Dialog, was für Komponenten auf dem Teller sind und weshalb diese für den Körper gut sind. Das versuche ich jetzt auch hier mit den Kindern mehr zu machen.
In einer weiteren Kita wurde sehr viel mit Gebärden gearbeitet, was ich ganz spannend finde, weil wir das bei uns auch machen. Wir haben hier vor ein paar Jahren Baby-Signal eingeführt, mit dem den Kindern sprachbegleitend ein paar Gebärden beigebracht werden. Dort hingen zusätzlich dazu beispielsweise noch Bilder von Gebärden an den Wänden. Die Idee gefiel mir sehr gut.
Wir haben außerdem eine Kita besucht, die sich digitale Bildung ganz oben auf ihre Fahne geschrieben hat. Da habe ich besonders darauf geachtet, was dort so an digitalen Medien speziell für die älteren Kinder zur Verfügung gestellt wird und wie generell der Umgang mit digitalen Medien ist. Gerade mit den jüngeren Krippenkindern ist dieses Thema noch herausfordernd, weshalb es toll war, da einen Einblick in den Umgang zu bekommen.
Als letztes waren wir in einer Natur-Kita, die ein riesengroßes Außengelände hat auf dem mit den Kindern Feuer gemacht, und fast der ganze Tag verbracht wird. Auch dort fand ich es interessant zu sehen, welche Möglichkeiten wir noch für unseren Außenbereich hätten.

Caro:

Das klingt spannend. Von dem nachhaltigen Umgang mit Essen hast du ja schon kurz erzählt. Habt ihr sonst noch etwas umgesetzt von dem, was du von der Reise mitgenommen hast?

Yvonne:

Ich habe in Stockholm angefangen mir meine wichtigsten Erkenntnisse zusammen mit Fotos aufzuschreiben, um nach der Reise meiner Leitung davon zu berichten. Sie wollte die Dinge, die ich erzählt habe, auch gerne versuchen umzusetzen, und dementsprechend habe ich bei der nächsten Dienstbesprechung einen kleinen Vortrag für meine Kollegen gehalten.
Was in der Umsetzung bei mir bisher gut klappt, ist der dialogische Umgang mit dem Thema Essen. Wo ich merke, dass es schwierig wird, sind digitale Medien. Allerdings habe ich mir so kleine Programmier-Mäuse aus der Bücherhalle ausgeliehen, um mal zu testen, wie die so ankommen. Man kann mit denen leichtere Aufgaben machen, wodurch sie auch von jüngeren Kindern schon benutzt werden können, aber auch etwas herausfordernde Aufgaben für die Älteren.
Generell steht Bildung in Schweden ganz oben, es gibt einen genauen Bildungsplan und das System ist sehr stark auf die Schule ausgerichtet. Ich habe für uns mitgenommen, dass wir noch ein bisschen strukturierter an Bildungsangebote herangehen können.

Caro:

Hast du es als positiv empfunden, dass der Schwerpunkt so stark auf Bildung liegt?

Yvonne:

Der Bildungsaspekt in Kitas ist an und für sich gut und wichtig. Hier gibt es nur Bildungsempfehlungen, an die man sich so gut es geht, halten sollte, und dort ist genau vorgeschrieben, welche Bildungsbereiche abgedeckt werden müssen. Allerdings ist uns dabei aufgefallen, dass dadurch die Partizipation der Kinder in der Kita stark in den Hintergrund tritt, weil der Stundenplan bestimmt, was, wann, wie gemacht wird.

Caro:

Ich finde man merkt total, dass diese Reise sehr viel bei dir angeregt hat!

Yvonne:

Ja, das hat sie auf jeden Fall! Was ich, neben den Kita-Besuchen, auch besonders toll fand, war der fachliche Austausch mit den Teilnehmern. Das hat mir Einblicke gegeben, womit sich eine Kita-Leitung beschäftigt, was meine Perspektive erweitert hat. Im Alltag bekommt man das gar nicht alles mit oder hat nicht die Zeit für einen so intensiven Austausch. Umgekehrt meinten die Leitungen auch zu mir, es hätte ihnen geholfen, die Perspektive von jemandem zu bekommen, der direkt in der Gruppe arbeitet. Außerdem hatten wir die Gelegenheit, uns über unsere Kita-Praxis auszutauschen und dadurch viele Einblicke in andere Kitas zu bekommen, was mir wirklich sehr gut gefallen hat. Dieser Austausch hat die Reise sehr besonders und für mich nachhaltig gemacht.

Caro:

Wenn du noch eine Erasmus-Reise machen könntest: Wo würdest du dann gerne hinfahren?

Yvonne:

Das ist eine gute Frage. Aus dem Bauch heraus würde ich glaube ich Frankreich spannend finden, weil Frankreich auch die Bildung sehr hochstellt. Dort kommen die Kinder schon mit dreieinhalb oder vier Jahren in die Schule, was ich noch sehr früh finde. Wenn man sich das vor Ort aber mal anschauen könnte, würde man das System besser verstehen und könnte sicher auch von dort spannende Erkenntnisse mitnehmen.

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