Spielerisches Lernen und die dänische Offenheit: Unser Erasmus-Austausch in Kopenhagen
Dänemark-Check: Was ist dran am Kita-Vorbild Dänemark?
Auf unserer Zugreise von Hamburg nach Kopenhagen nutzten wir die Zeit, um unsere positiven Vorurteile zu sammeln: Skandinavien gilt in pädagogischen Kreisen oft als Vorreiter. Klischees über bessere Personalschlüssel, höhere Fachkraft-Qualifikation, bessere Finanzierung und ein allgemeines "hyggeliges" Arbeitsklima prägten unsere Erwartungen.
Im Austausch mit unseren Gastgebern von FOBU, den besuchten Einrichtungen und der Kopenhagen Professionshøjskole wollten wir diesen Klischees auf den Grund gehen. So viel vorweg: Nicht alle Annahmen bestätigten sich, doch wir konnten viele neue und inspirierende Eindrücke mit nach Hamburg nehmen.
Hohe kommunale Steuerung und frühe Rechte
Im Gegensatz zu Hamburg ist das dänische System stark kommunal gesteuert: Gut 80% der Einrichtungen sind in kommunaler Hand. Nur rund 20% sind privat oder "selbstverwaltet", wobei letztere weiterhin unter kommunaler Aufsicht stehen. Private, eigenständig agierende Träger machen lediglich ca. 8–10% aus.
Die Kommunen überprüfen alle Einrichtungen gleichermaßen auf ihre pädagogische und strukturelle Qualität hin und setzen dabei auf ein jährliches Auditierungssystem. Damit finden diese Überprüfungen nicht nur erheblich häufiger statt als bei uns in Hamburg über das Kita-Prüfverfahren, sondern es nimmt auch deutlich spezifischer die pädagogische Prozessqualität in den Blick. Aus den Maßstäben der kommunalen Qualitätssteuerung heraus ist somit ein System entstanden, das auch die freien und privaten Einrichtungen dahingehend überprüft und mit Hilfe von Berichten dazu berät, wie sie sich in ihrer pädagogischen Arbeit mit den Kindern weiterentwickeln können. Die Einrichtungen sind darüber hinaus zur Transparenz gegenüber den Eltern dazu verpflichtet, diese Berichte ihrerseits auf ihrer Website zu publizieren.
Fachkraft vs. Betreuungsschlüssel: Die Crux der Quoten
Pädagogische Fachkräfte (Pædagoger) genießen in Dänemark hohes Ansehen, sind aber ähnlich wie bei uns tendenziell Mangelware. Die Ausbildung erfolgt meist mit einem Bachelor Professional an einer Professionshøjskole, was äquivalent zu unseren Erzieher:innen einen höheren Abschluss darstellt.
Beeindruckend sind die gesetzlich vorgegebenen Quoten: 1:3 in Krippengruppen und 1:6,8 in Elementargruppen. Hier liegt jedoch ein wichtiger analytischer Unterschied: In Dänemark gibt es keine klare Regulierung, wie hoch der Anteil ausgebildeter Pädagog:innen in den Teams sein muss. Es handelt sich faktisch eher um einen „Erwachsenen-Kind-Schlüssel“ als zwingend um ein Fachkraft-Kind-Verhältnis, auch wenn die meisten Einrichtungen laut unseren Gastgebern überwiegend Fachkräfte beschäftigen.
Praxislabs statt trockener Theorie: Impulse aus der Ausbildung
Besonders beeindruckend war der Besuch der Kopenhagen Professionshøjskole. Um auf die Herausforderungen in der Ausbildung zu reagieren (zunehmend Studierende mit geringerer Orientierung), wurde das Konzept der Praxisorientierung massiv gestärkt.
Frei nach dem Motto "Practice as you preach" wurden sogenannte "Labs" eingerichtet. In diesen Umgebungen, wie dem großen PlayLab oder auch MusicLab und MovementLabs, finden Studierende Umgebungen vor, die spielerisches Lernen und die Konzeption von Angeboten praxisnah ermöglichen. Dieses Konzept zur Sicherung der Ausbildungsqualität ist ein wegweisender Impuls für die deutsche Fachausbildung.
Hygge im Kita-Alltag
Unsere Klischees von den Einrichtungen waren geprägt von modernen, "hyggelig" gestalteten Räumen und dänischem Design. Die Realität vor Ort wich davon ab: Wir fanden Räume vor, die eher "in die Jahre gekommen" und sichtbar intensiv genutzt wurden.
Dennoch strahlten diese Räume etwas wichtiges aus: Sie sind konsequent für Kinder gemacht. Das dänische "Hyggelig" im pädagogischen Kontext meint demnach nicht die Designer-Umgebung für Erwachsene, sondern ein Verständnis von Wohlbefinden und Zusammengehörigkeit, das sich konsequent an den Bedürfnissen der Kinder orientiert, statt an ästhetischen Ansprüchen.
Welche Klischees hast du noch von pädagogischen Einrichtungen außerhalb Deutschlands? Wenn du Einrichtungen und Systeme in anderen Länder kennenlernen möchtest, melde dich bei uns und sei bei einer unserer nächsten Erasmus-Reise mit dabei!

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