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Spielen im Hof verboten – Kinder erobern die Stadt zurück

Wann bist Du das letzte Mal durch die Stadt gegangen und hast versucht, deine Umwelt durch die Augen eines Kindes zu sehen? An welcher Kreuzung behält man auch aus Kinderhöhe den Überblick, in welchem Museum ist anfassen erlaubt, auf welcher Grünfläche ist Spielen erwünscht und wo können Kinder sich eigentlich problemlos auch ohne erwachsene Begleitung bewegen? Die Orte, an denen Kinder sich frei und sicher bewegen können, werden immer weniger.

Unsere Städte sind für eine Erwachsenenwelt konzipiert und gebaut und der öffentliche Raum ist auf Schnelligkeit und Effizienz ausgerichtet. Unsere Umwelt ist dadurch an vielen Stellen nicht kinderfreundlich.

Kindheit findet im 21. Jahrhundert in ganz abgegrenzten Räumen statt: der Kita, der Ganztagsschule, dem eingezäunten Kinderspielplatz, dem rosa oder hellblau gestrichenen Kinderzimmer. Inklusion sieht anders aus.

Kein Ort für Kinder?

Dieses Schild steht noch: Wiese bei der St. Johnnis-Kirche in Harvestehude

Es gibt immer weniger Oasen in der Stadt, in denen Kinder sich etwas geschützter bewegen und spielen können: Parks, autofreie Innenhöfe, ein kleines Stück Wiese. Umso schlimmer, wenn diese Orte mit Verbotsschildern belegt sind. „Spielen im Hof verboten“, „kein Kinderlärm im Treppenhaus“, „kein Ballspielen auf dem Rasen“ prangt es von Hauswänden, Rasenrändern oder Eingängen.

Wir finden, dass es an der Zeit ist, dass Kinder sich unsere Stadt zurück erobern. Schilder, die spielen, sich freuen oder sich entfalten verbieten, haben in einer kinderfreundlichen Gesellschaft keinen Platz. Darum helft den Kindern mit, die Stadt zurück zu erobern.

Mitmachen: das könnt Ihr tun

Wo habt Ihr Schilder entdeckt, die Kinder aus dem öffentlichen Raum verbannen sollen? Schickt uns Eure Fotos von Verbotsschildern mit genauer Adresse und Beschreibung an info@kindermitte.org. Oder stellt das Foto mit Ortsangabe selbst ein auf fb.com/kindermitte. Wir veröffentlichen alle Posts und Zusendungen hier im Blog.

Entfernt das Schild oder fordert den Eigentümer auf, dafür zu sorgen, dass Kinder nicht länger ausgegrenzt werden. Einen Brief dazu haben wir für Euch schon formuliert. Vorlage herunterladen, Eure persönliche Nachricht hinzufügen und an denjenigen schicken, der sein Schild entfernen soll: Vorlage herunterladen.

Hier sind Kinder willkommen

Übrigens: wir sind ziemlich sicher, dass es schon wundervolle Orte gibt, an denen Kinder willkommen sind. Wo jemand mitgedacht hat und einen Weg, einen Einkaufsladen oder einen Park für Kinder gut gestaltet hat. Wir freuen uns auch über Eure Positiv-Beispiele und werden sie hier veröffentlichen!

Weitersagen:

Mühlenkamp, Winterhude

Am sonst so lebendigen Mühlenkamp hat man offenbar angst vor den lärmenden Kindern: im Durchgang zum Hinterhof neben der Reinigung gegnüber der Gertigstraße wurde dieses Verbotssschild entdeckt. Die Farbe an der Ecke links unten sieht so aus, als ob es auch den letzten Anstrich überlebt hat. Danke an Christine für diese Zusendung!

Verbotsschild im Mühlenkamp, gegenüber Gertigstraße

Stiftstraße, St. Georg

Dieses Schild hat uns Maren geschickt. Sie hat es auf Ihrem Weg zur HAW in St. Georg entdeckt. Dass ein Parkplatz nicht sicher für Kinder ist, das ist ja klar. Aber wieso die angrenzenden Grundstücke? Und wieso ist sich aufhalten in Ordnung, aber spielen so störend?

Spielen verboten in der Stiftstraße in St. Georg

Geht doch! Beispiel aus Thailand

In Thailand hat man erkannt, dass kurze, wacklige Kinderbeine in U- und S-Bahn am besten sitzen! Vielen Dank an Peter für dieses wunderschöne Beispiel aus der Metro in Bangkok. Wir wünschen uns überall Rücksichtnahem auf Kinder im öffentlichen Nahverkehr; das erleichtert Teilhabe und verspricht auch entspannte Kita-Ausflüge!

Ein Hinweisschild in der Metro in Bangkok: Sitz frei machen für Kinder, Schwangere, Gebrechliche. Geht doch!

Poelchaukamp, Winterhude

Verbotsschild im Poelchaukamp: Kinderstimmen sind hier "Lärm"

Diese Schilder gab es in Winterhude wohl zwei für den Preis von einem. Dieses Verbot von "Spielen und Lärmen" hat Christine in einer kleinen Toreinfahrt entdeckt.

Schade, dass so ein nettes Wohngebiet hier keinen Platz für Kinder bieten mag. Und was erzeugt das eigentlich für ein Bild von Kindern bei den Menschen, die hier täglich vorbei kommen und daran erinnert werden, dass Spielen und Kinderlärm verboten gehören?

In Bayreuth ist spielen erlaubt!

Auch verzieren ist offenbar erlaubt: ein kreativer Mensch hat den spielenden Kindern auf dem Schild je ein Paar Kulleraugen verpasst.

In Bayreuth befindet sich, rund um das Festspielhaus, das jedes Jahr im Sommer die Prominenz anzieht, ein schöner Park. Er gibt dem Stadteil seinen Namen: Grüner Hügel. Wer aber glaubt, der Park sei nur angelegt, um sich nach dem stundenlangen Sitzen in der Wagner-Oper die Beine zu vertreten, der hat sich getäuscht. Die Stadt Bayreuth verkündet hier ganz offiziell: Spielen ist hier erlaubt. Das finden wir spitze!

Kommentare

# 09.07.22, Anna Wasilewski:

Ich hab gehört, dass ein Haus ab 3 Parteien einen kleinen Spielplatz haben muss. Bei uns gibt es 107 Parteien und es hängt ein Schild, dass das Spielen im Hof für Kinder verboten ist. Ist das rechtlich überhaupt erlaubt?

# 02.08.22, Sarah:

Hallo Anna,
so etwas zu hören, macht mich richtig wütend. Es kann es schon sein, dass das Haus errichtet wurde, bevor es solche Regelungen zum Spielplatz gab, aber so ein Schild geht gar nicht. Die UN-Kinderrechte sagen es ganz klar: Kinder haben ein Recht auf Spiel und Freizeit!

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