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Bundestagswahl 2021 - der Kindermitte Parteien-Scan

In weniger als einem Monat steht die Bundestagswahl 2021. Ist bei den Parteien angekommen, wie dringend die zentralen Fragen der frühkindlichen Bildung Antworten brauchen? Wir haben nachgelesen!

Wir haben die Wahlprogramme der größeren Parteien unter die Lupe genommen: Wer verspricht was für Kinder und Bildung? Nach diesen drei Fragestellungen haben wir die Wahlprogramme gescannt:

  1. der Anerkennung und Förderung von Kindertageseinrichtungen als inklusive und innovative Bildungseinrichtungen für eine chancengerechte und zukunftsgerechte Bildung
  2. den akuten Problemen und Handlungsbedarfen im System der Kindertagesbetreuung, beispielsweise zur Bewältigung des Fachkräftemangels
  3. der Stärkung der Kinderrechte und den Plänen für ein kinderfreundliches Deutschland.

Hierzu werden wir Kernaussagen und konkrete Pläne der Parteien zusammenfassen und als Antworten auf unsere Fragen auflisten. Am Ende dieses Blogbeitrags könnt Ihr eine Auflistung der Originalaussagen aus den Wahlprogrammen zu den jeweiligen Handlungsfeldern downloaden.
Ein besonderer Dank geht an Lena Stüwe und Magnus Becken (beide HAW Hamburg), die für diesen Artikel die Wahlprogramme analysiert und akribisch nach allen Aussagen zu früher Bildung durchsucht und zusammengefasst haben.

Disclaimer:
Wir garantieren keine Vollständigkeit bei der Zusammenfassung und Auflistung der Aussagen.
Aufgrund rückschrittiger, antidemokratischer und diskriminierender Ziele und Aussagen, die sich im Programm bis in den Bereich der Familienpolitik und frühen Bildung ziehen, betrachten wir in diesem Beitrag nicht das Wahlprogramm der AfD.

1. Welche Ziele und Pläne verfolgt die Partei in Hinblick auf die Förderung von Kindertageseinrichtungen als frühkindliche Bildungsorte?

CDU/CSU:

  • Kita-Ausbau & Weiterentwicklung der Qualität über 2022 hinaus
  • Einrichtungen der frühen Bildung zu qualitativ hochwertigen Bildungsorten weiterentwickeln
  • Förderung des Erwerbes der deutschen Sprache so früh wie möglich --> verbindliche, fortlaufende und standardisierte Diagnoseverfahren
  • Unterstützung des Bundesprogramms Sprach-Kitas --> Kinder mit sprachlichen Förderbedarf noch mehr in den Fokus nehmen

SPD:

  • Weiterer Ausbau von Kitas, Ganztagsbetreuung an Schulen und Jugendeinrichtungen
  • Gerechte Bildung und Teilhabe für alle Kinder --> Gute und beitragsfreie Kitas, Ganztagsangebot für Schulkinder, soziale Infrastruktur für Kinder und Jugendliche
  • Gutes Ganztagsangebot für alle Kinder --> Rechtsanspruch auf ein ganztägiges Bildungs- und Betreuungsangebot im Grundschulalter
  • Förderung der Medienkompetenzen von Kindern und Jugendlichen --> Auch in der frühkindlichen Bildung mit einem Digitalpaket
  • Recht auf Digitale Bildung und Weiterbildung für alle Generationen

Die Grünen:

  • Bundesqualitätsgesetz:
    • Mindeststandards über bspw. ausreichende Bewegungsflächen
    • Betreuungsschlüssel von max. 1:4 in der Krippe und 1:9 im Elementarbereich
    • Besserer Betreuungsschlüssel in inklusiven Einrichtungen
  • BNE (Bildung für nachhaltige Entwicklung) in allen Bildungsphasen und Bildungsbereichen verankern
  • Querschnittsaufgabe (Mitmach- und Medienkompetenz sowie politische Bildung) in Kita, Schule und Jugendhilfe konzeptionell und finanziell stärken
  • Verbindliche Qualitätsstandards überall in der Kinder- und Jugendhilfe und Weiterentwicklung mit Verbänden, Trägern und Wissenschaft
  • Bundesinklusionsgesetz --> Alle Angebote auch für Kinder und Jugendliche mit Behinderung
  • Stärkung der digitalen Bildung --> Alle sollen digitale Kompetenzen erwerben können
  • Geschlechtliche und sexuelle Vielfalt und Diversität in Lehr- und Bildungsplänen

FDP:

  • Kitas und Schulen finanzielle stärken --> Finanzierung auf drei Säulen: Sockelbetrag, Bildungsgutschein, „German Dream“ – Zuschuss für Kinder mit niedrigem sozioökonomischem Status
  • Qualität der frühkindlichen Bildung stärken --> „Dafür müssen sich Bund und Länder auf ambitionierte gemeinsame Standards für Betreuungsschlüssel und frühkindliche Bildungsinhalte verständigen.“ (S. 16)
  • „Das Potential von Kindern, spielerisch Sprachen zu erlernen, wollen wir stärker fördern.“ (S. 16)
  • Verpflichtung von qualitativ hochwertige und bundesweite Qualitäts- und Bildungsstandards in der frühkindlichen MINT-Bildung
  • Experimentelles und forschendes Lernen in den Kitas --> Fachkräfte müssen dafür ausgebildet sein

Die Linke:

  • Beitragsfreiheit und finanzielle Stärkung von Kitas
  • Angebot von Ganztagsbetreuung für alle Kinder, unabhängig von der Arbeitszeit der Eltern zum Abbau von Bildungsungleichheiten
  • Einführung eines Kita-Qualitätsgesetzes“
  • Einführung eines Betreuungsschlüssels von maximal 1:3 in der Krippe und 1:8 im Elementarbereich

2. Wie möchte die Partei den Herausforderungen des Kita-Systems, insbesondere dem Fachkräftemangel begegnen?

CDU/CSU:

  • X

SPD:

  • Abschaffung des Schulgeldes bei der Erzieher:innenausbildung
  • Einführung einer Ausbildungsvergütung
  • Kapazitäten an Fachschulen und Hochschulen für die Ausbildung von Erzieher:innen, Sozialpädagog:innen und Kindheitspädagog:innen erhöhen
  • Mehr Karriereoptionen für pädagogische Fachkräfte schaffen

Die Grünen:

  • Verbesserung des Lohns und der Arbeitsbedingungen von pädagogischen Fachkräften
  • Fachkräfteoffensive:
    • Abschaffung des Schulgelds
    • Einführung einer fairen Ausbildungsvergütung
    • Schaffen neuer Weiterentwicklungsmöglichkeiten
  • Einführung eines Bund-Länder-Programms zum Quereinstieg
    • Qualitätsstandards sicherstellen
    • Bestehende Programme stärken und ausbauen
    • Neue Wege und Programme fördern

FDP:

  • Attraktivität des Berufs stärken
    • Abschaffung des Schulgelds sowie Einführung einer attraktiven Ausbildungsvergütung
    • Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten stärken

Die Linke:

  • Abschaffung des Schulgelds
  • Arbeitsbedingungen verbessern:
    • Anerkennung der Vor- und Nachbereitungszeiten als (mittelbare) pädagogische Arbeitszeit
    • Fortbildungen als Arbeitszeit einführen
  • Bessere Bezahlung des Berufs
  • Anhebung der Ausbildung auf akademisches Niveau
    • Ohne Hochschulzugangsberechtigung als Voraussetzung

3. Wie setzt sich die Partei für Kinderrechte und eine kinderfreundlichere Gesellschaft ein?

CDU/CSU:

  • Kitas und Schulen sollen zu zentralen Schutzorten vor sexueller Gewalt werden --> Verpflichtung von sexualpädagogische Schutzkonzepte
  • Kinderfreundliche Beschwerdeverfahren und Hilfskonzepte einführen
  • Kinderschutz als Pflichtfach in allen Ausbildungen mit späterem Kontakt zu Kindern (auch Kinderärzt:innen, Psycholog:innen, Juris:innen etc.)

SPD:

  • „Wir werden starke Kinderrechte auf Schutz, Beteiligung und Förderung und den Vorrang des Kindeswohls im Grundgesetz verankern.“ (S. 40)
  • Verpflichtende Kinderschutzkonzepte mit teilweise Kinderschutzbeauftragten für Kitas, Schulen, Jugendhilfe-Einrichtungen und Vereine
  • „Wir werden Präventionsketten und Netzwerke für Kinder und Jugendliche aller Altersgruppen schaffen, in denen Jugendhilfe und Gesundheitsdienst, Bildungs- und Gesundheitseinrichtungen, öffentliche und freie Träger, Sportvereine und Verbände, Polizei und Familiengerichte auf kommunaler Ebene verbindlich zusammenwirken.“ (S. 41)

Die Grünen:

  • Kinderrechte im Grundgesetz verankern
  • Kinder und nachfolgende Generationen ins Zentrum gesellschaftlicher Entscheidungen stellen
  • „Mit einem Nationalen Aktionsplan für Kinder- und Jugendbeteiligung wollen wir sicherstellen, dass alle Kinder und Jugendlichen über ihre Rechte informiert sind und unabhängig vom soziokulturellen Hintergrund und vom Aufenthaltsstatus altersgerecht und niedrigschwellig Beteiligung leben können.“ (S. 40)
  • Bundesinklusionsgesetz --> Alle Angebote auch für Kinder und Jugendliche mit Behinderung
  • „Basiswissen über Kinderrechte, insbesondere Beteiligung, Sensibilisierung und Schutz bei Kindeswohlgefährdung und sexualisierter Gewalt, gehören in die Curricula für Jura, Medizin, Pädagogik und Polizei.“ (S.41)
  • Kindergrundsicherung: Gesamtstrategie zur Prävention und Bekämpfung von Kinderarmut

FDP:

  • X

Die Linke:

  • Kinderrechte im Grundgesetz verankern
  • Kindergrundsicherung:
    • Finanzielle Absicherung von Familien zur Bekämpfung von Kinderarmut
    • Aufbau sozialer und kultureller Infrastrukturen zur Sicherung von gesellschaftlicher Teilhabe

Resümee

Wir stellen fest, dass die Relevanz von frühkindlicher Bildung stärker in das Bewusstsein politischer Entscheidungsträger rückt. Auch wenn das Thema noch nicht bei allen Parteien einen inhaltlichen Schwerpunkt darstellt, konstatieren Einige, dass der Ausbau frühkindlicher Bildungsstruktur zentral für eine zukunftsgerechte Bildungsstrategie ist. Doch haben nicht alle Parteien erkannt, dass Bildung der Hebel zu allen zentralen Herausforderungen der Zukunft ist: Nachhaltigkeit, Digitaler Wandel, Chancengerechtigkeit. Die Probleme, mit denen Akteure im System zu kämpfen haben werden unserer Meinung nach noch nicht ausreichend adressiert und es mangelt offensichtlich an konkreten Handlungsstrategien zur Bekämpfung des Fachkräftemangels, um allen Kindern einen qualitativ hochwertigen Bildungs- und Betreuungsplatz bieten zu können.

Download Tabellarische Übersicht Wahlprogramme

Was wünscht Ihr Euch von der künftigen Bundesregierung? Welche Themen der frühkindlichen Bildung sollten die Parteien als erstes anpacken? Was kann unsere Gesellschaft für Kinder besser machen? Schreibt uns Eure Meinung in den Kommentaren:

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