Medienbildung in der Kita - Eine pädagogische Konzeption

Aufwachsen in einer digitalen Welt

Die zunehmende Digitalisierung unserer Gesellschaft hat zur Folge, dass Kinder heutzutage nahezu selbstverständlich mit digitalen Medien aufwachsen: Von ihrem ersten Lebenstag an sind sie von verschiedenen Medien umgeben, die sie in ihrem Heranwachsen und Handeln begleiten und somit zu einem grundlegenden Bestandteil ihres Lebensalltags werden.
Schon früh machen sie sowohl in passiver als auch in aktiver Weise ihre ersten Erfahrungen mit einem breiten Medienensemble. Verfolgt man die kindlichen Erzählungen über Medienheld:innen und die digitalen Erlebnisse des Alltags, so wird deutlich, dass digitale Medien zum Alltag von Kindern gehören und sie somit ein wichtiger Teil ihrer Erfahrungswelt sind.
Kitas haben einen Bildungsauftrag: Die Kinder in ihrer Entwicklung unterstützen, indem wir uns an ihrer Lebenswelt orientieren und alle Faktoren, die das Aufwachsen beeinflussen, miteinbeziehen. Dies unterstreicht die Notwendigkeit, medienerzieherische Aspekte in vorhandenen pädagogischen Ansätzen zu verankern und somit eine pädagogisch angeleitete Auseinandersetzung mit digitalen Medien schon im frühen Kindesalter zu fördern.
Die Faszination, die die vielfältige Medienwelt auf Kinder ausübt, kann dabei als Chance gesehen werden, um die Lern- und Erfahrungsräume in der Kita zu erweitern und zu bereichern, aber auch um die Kinder dabei zu unterstützen, einen reflektierten und kompetenten Umgang mit Medien zu entwickeln.
Die von Kindermitte entwickelte pädagogischen Konzeption gibt einen umfassenden Überblick darüber, wie die Integration von Medienbildung in der Kita gelingen kann. Einen kurzen Einblick findet ihr auf dieser Seite. Die komplette Konzeption könnt ihr euch hier jederzeit herunterladen.

Studien zur Medienausstattung und Nutzung

Kinder sind von ihrem ersten Lebenstag an von verschiedensten Medien umgeben, die sie in ihrem Heranwachsen und Handeln beeinflussen. Eine immer größere Rolle nehmen dabei immer mehr auch digitale Medien ein, mit denen die Kinder schon im frühen Alter in Berührung kommen.
Betrachtet man verschiedene Studien, die die Medienausstattung in den Familien sowie die Mediennutzung der Kinder in den Blick nehmen, so wird deutlich, dass digitale Medien zu einem selbstverständlichen Bestandteil der Lebenswelt von Kindern geworden sind.
Aus den Befragungen, die bei der miniKIM-Studie 2020 mit 600 Haupterziehern von Kindern ab einem Alter von zwei bis fünf Jahren geführt worden sind, geht hervor, dass in allen befragten Familien Vielzahl digitaler Medien vorhanden sind und dass im Vergleich zu den Vorjahren ein deutlicher Anstieg mit steigender Tendenz verzeichnet werden kann (vgl. mpfs 2021, S. 6).

Abb.: Geräteausstattung im Haushalt 2020

Die Studien zur Medienausstattung in Familien und zur konkreten Nutzung digitaler Medien durch Kinder findet ihr in unserer pädagogischen Konzeption.

Wie eigenen sich Kinder Medien an?

Grundsätzlich kann festgehalten werden, dass das Aneignen von Medienkompetenz auf Grundlage von Erfahrungen mit Medien in mehrere Phasen integriert ist, die angelehnt an Theunert und Demmler in vier Stationen eingeteilt werden können (vgl. Theunert/Demmler 2007).

Abb.: Die vier Stationen der Medienaneignung

Erste Station: Medien registrieren

Es kann zu emotionalen Reaktionen auf Bilder oder Töne kommen, die von einem digitalen Medium wiedergegeben werden. Frühkindliche Entwicklungsphasen zeichnen sich vor allem durch die greifbare Umwelt und die direkten Interaktionen mit Bezugspersonen aus, die wiederum die kommunikativen Fähigkeiten des Kindes begünstigen. Diese Fähigkeit wirkt sich auf den Umgang mit Medien aus und hilft dabei, Medienkompetenz zu fördern und auszubilden.

Zweite Station: Medien entdecken

In der zweiten Phase, die Kinder beim Aneignen von Medien durchlaufen, sind die Heranwachsenden in der Lage, zwischen dem Medium als Gegenstand oder Reizquelle und dem Medium mit verschiedenen Inhalten und Funktionen zu unterscheiden. So versuchen sie beispielsweise die verschiedenen Medien auszuprobieren und zu bedienen und sie können sich erste Strukturen merken, die die Funktionalität des jeweiligen Gerätes auszeichnet. Daraus ergeben sich Wünsche und Vorlieben in Bezug auf bestimmte Medien.

Dritte Station: Medien in den Alltag integrieren

Die dritte Station beinhaltet die Integration der Medien in die alltäglichen Strukturen des Kindes. Je mehr also das Verständnis der Medien anwächst, desto wichtiger werden die Inhalte für Erfahrungen und kindliche Weltaneignungen. Es entsteht das Verlangen, sich mit Medien auseinanderzusetzen und ihre vielfältigen Möglichkeiten zum Spielen und Lernen auszunutzen. So möchten sie digitale Medien selbstbestimmt nutzen.

Vierte Station: Sich mit Medien artikulieren

Die vierte Phase der Medienaneignung findet bis zum Beginn der Schulzeit im Grundschulalter statt. Die Kinder nutzen digitale Medien in diesem Alter vermehrt in selbstständiger Weise, um mit anderen zu kommunizieren, um sich Wissen anzueignen oder um unterhalten zu werden (vgl. Theunert/Demmler 2007).

Die beschriebenen Stationen der kindlichen Medienaneignung verdeutlichen, dass vor allem in der Zeit vor der Schule Erfahrungen und Erkenntnisse im Umgang mit digitalen Medien gesammelt werden. Kinder bauen immer früher ein Interesse für ihre digitale Umwelt auf und möchten daran teilhaben und diese für sich nutzen.
Die Integration von digitalen Medien in Kitas kann deshalb als eine gute Möglichkeit gesehen werden, um die Faszination der Kinder für digitale Medien aufzufangen und zu nutzen, um ihnen zu einem medienkompetenten Handeln zu verhelfen und ihnen bei neuen Herausforderungen beiseite zu stehen.

In unserer pädagogischen Konzeption findet ihr neben den Stationen der Medienaneignung auch Infos zu entwicklungspsychologischen Grundlagen und darüber, wie Medieninhalte von Kindern wahrgenommen und verstanden werden. Außerdem wird der Begriff der Medienkompetenz genauer definiert und eingeordnet.

Welche Rolle spielen digitale Medien in der Kita?

In jeder Kita ist das Bestreben nach der Orientierung an der kindlichen Lebenswelt in der pädagogischen Konzeption verankert. Da die heutige Kindheit auch von digitalen Medien beeinflusst und geprägt wird, schließt dies somit medienpädagogische Prozesse in den frühkindlichen Bildungsbereich mit ein.
In ihrem Positionspapier fordert die Fachgruppe Kita der GMK – Gesellschaft für Medienpädagogik und Kommunikationskultur dazu auf, "gemeinsam mit Trägern, Bildungspolitik und mit pädagogischen Fachkräften die Forderung ‘Medienbildung entlang der gesamten Bildungskette’ schnellstmöglich flächendeckend umzusetzen” (Eder/Brüggemann/Kratzsch 2017, S. 1).
Schon im Jahr 2004 ist auf der Jugend- bzw. der Kultusministerkonferenz ein gemeinsamer Rahmen der Länder für die frühe Bildung in Kindertageseinrichtungen beschlossen worden, welcher die Medienkompetenzförderung bei den zukunftsorientierten Zielvorstellungen mehr in den Vordergrund stellt: „Was den Umgang mit Medien angeht, gehört zur Medienkompetenz als dem obersten Ziel von Medienbildung auch die Fähigkeit, Medien zweckbestimmt und kreativ zu nutzen und damit eigene Werke zu erstellen“ (JMK/KMK 2004, S. 5).
Diesen gemeinsamen Rahmen haben alle Bundesländer in ihre Bildungspläne aufgenommen und als Arbeits- und Fördergrundlage für die Kindertageseinrichtungen veröffentlicht.

Wie Medienbildung in die Hamburger Bildungsempfehlungen integriert ist und wieso Medienbildung als gemeinsame Aufgabe der Erziehungspartnerschaft verstanden werden sollte, könnt ihr in unserer pädagogischen Konzeption nachlesen.

Medienbildung in der Praxis

Medienbildung ist als Querschnittsaufgabe zu verstehen, die in allen Bildungsbereichen eingegliedert und umgesetzt werden kann. Digitale Medien in der Kita ermöglichen die Umset-zung verschiedener qualitativ hochwertiger Bildungsangebote zur Medienkompetenzförderung.
Digitale Medien können sowohl im alltäglichen Kita-Geschehen als auch innerhalb von verschiedenen Projekten zum Einsatz kommen und den Erfahrungshorizont der Kinder erweitern. Dabei ist eine Orientierung am Entwicklungsstand des Kindes elementar und hat als Ziel die Entwicklung von Basiskompetenzen. Die Integration von Medienbildung bietet darüber hinaus eine Chance zur konzeptionellen Weiterentwicklung der Kindertageseinrichtung. Dabei ist ein Mitwirken aller Akteure der jeweiligen Kita elementar.

Wichtig ist es, die nötigen Rahmenbedingungen zu schaffen, um medienbildende Thematiken auch auf partnerschaftlicher Ebene mit den Familien zu etablieren. Im Fokus stehen dabei immer die Kinder als handelnde Akteure, die ihre Erfahrungen von zu Hause und ihre Eindrücke aus der digitalen Gesellschaft mit in die Kita bringen.

Fahrplan zur Medienbildung in Kitas

Die pädagogischen Fachkräfte der Kita setzen sich täglich mit der analogen und digitalen Lebenswelt der Kinder auseinander und integrieren diese aktiv in den Kita-Alltag, indem sie Medien als Instrument der ganzheitlichen Bildung und zur Umsetzung von Inklusion nutzen und um die Entwicklung zielgerichtet zu unterstützen. Damit dies gelingen kann und bevor digitale Medien aktiv in den Kita-Alltag integriert werden, sollten sich Kita-Teams konkret mit ihren Zielvorstellungen und pädagogischen Leitlinien auseinandersetzen, um ein individuelles Konzept für die Mediennutzung innerhalb der Einrichtung zu erarbeiten (vgl. Lepold/Ullmann 2018, S.117f).
Beispielfragen zur Konkretisierung der Medienleitziele im Team findet ihr in unserer pädagogischen Konzeption.
Die Auseinandersetzung mit Haltungs- und Nutzungsfragen zu digitalen Medien im Kita-Kontext, kann zu wichtigen Reflexionsprozessen bei Erzieher:innen und auch bei Eltern führen. Gerade aufgrund der verstärkten Mediennutzung der Kinder ist der Austausch darüber wichtig und eine partnerschaftliche Zusammenarbeit von pädagogischen Fachkräften und Familien elementar, um ein gutes Aufwachsen mit Medien gestalten zu können.
Eine Orientierung zur Umsetzung der im Kita-Team erarbeiteten Ziele kann der Fahrplan zur Medienbildung in Kitas bieten (siehe Abbildung).

Abb.: Fahrplan zur Medienbildung in Kitas

Im Fokus der Medienbildung: Das Kind

Die zunehmende Mediatisierung unserer Gesellschaft hat einen elementaren Einfluss auf das Heranwachsen der Kinder und somit auch auf die kindspezifischen Entwicklungsaufgaben. Wenn Medienbildung als Querschnittsaufgabe in der Kita verankert werden soll, ist es notwendig, dass alle beteiligten Akteure in die Entwicklung des Vorhabens einbezogen werden.
Mit der Unterstützung seitens der Familie und der Kita auf partnerschaftlicher Ebene, kann die Nutzung digitaler Medien den Lernprozess positiv beeinflussen und bereichern. Beide Akteure, Familie und Kita, sollten dabei immer mit Blick auf die gesellschaftlichen Veränderungen und Weiterentwicklungen, das Ziel verfolgen, die selbstbestimmte und verantwortungsbewusste Auseinandersetzung der Kinder mit den digitalen Inhalten, Nutzungsformen und Gewohnheiten zu erreichen.
Die Kita als Bildungsort bietet die Chance, die Erfahrungen der Kinder mit digitalen Medien aufzugreifen und sie dabei zu begleiten, einen kompetenten Umgang mit Medien zu erlernen. Es gibt dabei viele Möglichkeiten digitale Medien mit den verschiedenen Bildungsbereichen zu verknüpfen und aktuelle Themenbereiche, die in der Gesellschaft diskutiert werden, aufzugreifen.

In unserer pädagogischen Konzeption findet ihr zahlreiche Praxisideen, wie digitale Medien sinnvoll und kreativ in den Kita-Alltag eingebunden werden können und welche Geräte sich für den Einsatz in der Kita eignen.
Außerdem findet ihr hier Vorschläge für pädagogisch wertvolle Apps sowie auch Infos zu Institutionen und Fortbildungsmöglichkeiten im Raum Hamburg.

Literatur

Eder, Sabine/ Brüggemann, Marion/ Kratzsch, Jörg (2017): Kinder im Mittelpunkt: Frühe Bildung und Medien gehören zusammen – Positionspapier der GMK-Fachgruppe Kita. Abruf-bar unter: https://www.gmk-net.de/wp-content/t3archiv/fileadmin/pdf/gmk_medienbildung_kita_positionspapier.pdf.

JMK − Jugendministerkonferenz /KMK − Kultusministerkonferenz (2004): Gemeinsa-mer Rahmen der Länder für die Bildung in Kindertageseinrichtungen. Beschluss der Jugend-ministerkonferenz vom 13./14.05.2004 & Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 03./04.06.2004. Abrufbar unter: http://www.kmk.org/fileadmin/Dateien/veroeffentlichungen_beschluesse/2004/2004_06_04-Fruehe-Bildung-Kitas.pdf.

Lepold, Marion/ Ullmann, Monika (2018): Digitale Medien in der Kita. Alltagsintegrierte Me-dienbildung in der pädagogischen Praxis. Freiburg, Basel, Wien: Herder Verlag.

Medienpädagogischer Forschungsverbund Südwest (mpfs) (2021): miniKIM-Studie 2020. Kleinkinder und Medien. Basisuntersuchung zum Medienumgang 2- bis 5-Jähriger in Deutschland. Stuttgart.

Theunert, Helga/ Demmler, Kathrin (2007): Frühkindliche Medienaneignung. (Interaktive) Medien im Leben Null- bis Sechsjähriger. Realitäten und Handlungsnotwendigkeiten. In: Her-zig, Bardo/Grafe, Silke (Hrsg.): Digitale Medien in der Schule. Standortbestimmung und Handlungsempfehlungen für die Zukunft. Studie zur Nutzung digitaler Medien in allgemein bildendenden Schulen in Deutschland. Bonn: Deutsche Telekom, S. 137-145.